Forschungsinkubator: Spiele als co-kreative Arbeitsformate

Spielerische Ansätze eignen sich besonders für den Einsatz in inter- und transdisziplinären Forschungsteams. Am CAIS haben wir zwei unterschiedliche Spiele getestet.
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Forschungsinkubator: Spiele als co-kreative Arbeitsformate

Spielerische Ansätze fördern nachweislich Kreativität (Russ & Doernberg, 2019). Gleichzeitig begünstigen sie psychologische Sicherheit, eine positive Fehlerkultur und fördern die aktive Zusammenarbeit in diversen Teams (Tomoff, 2017; Hartt et al., 2020). Sie können ein Umfeld des Vertrauens und der co-kreativen Unterstützung schaffen, in dem Spielende bereit sind, mehr Risiken einzugehen und neue Ansätze auszuprobieren, ohne Scheitern zu befürchten (Kelley & Kelley, 2013; Lateef, 2020).

Vor diesem Hintergrund eignen sie sich besonders für den Einsatz in inter- und transdisziplinären Forschungsteams. Diese sehen sich häufig mit der Herausforderung konfrontiert, einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen, in dem sich alle Disziplinen produktiv einbringen und zur Entwicklung innovativer Lösung beitragen können. Als besondere Hürde für eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit wird häufig das Finden „einer gemeinsamen Sprache“ genannt (siehe z.B. Schmitt et al., 2023).

Um die Potentiale spielerischer Ansätze im Detail auszuloten, haben wir zwei Spiele in unterschiedlichen Arten der Zusammenarbeit getestet: a) das Spiel MoonshotEDU in der konkreten Projektarbeit, b) das Spiel COLLAB für die Förderung des interdisziplinären Austauschs mit Fellows.

Die Visualisierung des gesamten Themenfindungsprozesses finden Sie in diesem Video.

Das Spiel COLLAB für die Förderung des interdisziplinären Austauschs unter Fellows am CAIS

„Durch das Collab-Spiel wurden oft schon zu Beginn des Aufenthalts der Fellows grundlegende Themen und Fragen aufgeworfen, die im Kennenlern-Workshop selbst, aber auch weit darüber hinaus den Austausch der Fellows am CAIS angeregt haben. Das Spiel hat sich als ausgezeichnetes Instrument erwiesen, um den interdisziplinären Dialog in einer Gruppe von Menschen, die sich zuvor noch nie begegnet sind und aus ganz unterschiedlichen Kontexten kommen, rasch auf eine sehr (selbst-)reflektierte Ebene zu bringen und dabei viel voneinander zu erfahren.“
Esther Laufer (Leiterin CAIS Kolleg)

MoonshotEDU – Spielerische Arbeitsansätze testen mit Serious Games

Im April 2023 testete Samuel Simon mit einer Gruppe Studierender der Erziehungswissenschaften von der Ruhr-Universität Bochum den Einsatz des Innovationsspiels MoonshotEDU in Verbindung mit Design Thinking im Kontext eines EduJams.

Ähnlich wie in anderen innovativen Formaten (z.B. Hackathons und Barcamps), wird in einem Jam ein Rahmen geschaffen, um praxis-orientiert das Durchlaufen von Innovationsprozessen erfahrbar zu machen und gleichzeitig eigene Projektideen und Prototypen zu entwickeln. Das Format ist inspiriert und eng angelehnt an die Global Jams und an den EduJam UK.

Der inhaltliche Schwerpunkt des EduJams lag auf der Entwicklung von Strategien und Instrumenten, um strukturellen Bildungsungleichheiten konstruktiv zu begegnen. Für den CAIS-spezifischen Kontext werden dabei zusätzlich noch Beobachtungen dazu angestellt, wie das interaktive Miteinander im Rahmen solcher Serious Games für die wissenschaftliche Wissensproduktion erfolgen kann.

Das Spiel COLLAB für die Förderung des interdisziplinären Austauschs unter Fellows am CAIS

Bereits etablierter am CAIS ist die Verwendung des Spiels COLLAB. Dieses wird bereits seit 2021 beim Onboarding der Research Fellow-Kohorten im CAIS Kolleg eingesetzt. Ähnlich wie bei MoonshotEDU wird hierbei der spielerische Ansatz genutzt, um Reflexion in interdisziplinären Teams zu fördern und damit Kommunikation sowie Kooperation zu verbessern. Da sich die Research Fellows vor ihrem Aufenthalt am CAIS nicht kennen, aus verschiedensten disziplinären Hintergründen kommen und nur für begrenzte Zeit in diesem Kontext arbeiten, ist der Einsatz des Spiels für einen unkomplizierten Abgleich der diversen wissenschaftlichen Arbeitsansätze und für ein schnelles Finden einer gemeinsamen Sprache besonders hilfreich. Der Einsatz des Spiels schafft damit nicht nur einen angenehmen Start in den Forschungsaufenthalt, sondern unterstützt auch die disziplinübergreifende Verständigung. Schon häufig wurden im Rahmen des Onboarding-Workshops direkt erste Grundsteine für potenzielle Kooperation und Austauschformate zwischen den Research Fellows gelegt.

Spiele können die Zusammenarbeit in kollaborativen Settings fördern

Basierend auf den Erfahrungen mit dem Einsatz des Spiels in diesem Setting wurde deutlich, dass wichtige Aspekte in kollaborativen Settings unterstützt werden können.

In der Anfangsphase eines Projektes sind COLLAB sowie MoonshotEDU hilfreiche Werkzeuge für…

  • schnelles und effektives Teambuilding (eine Runde beider Spiele dauert jeweils zwischen ein bis zwei Stunden und schafft in dieser Zeit äußerst positive und produktive Teamdynamiken),
  • die Schaffung der Voraussetzungen für psychologische Sicherheit und positive Fehlerkultur,
  • das Erreichen eines zügigen Überblicks über die Arbeitsweisen und verschiedenen disziplinären Hintergründe der Spielenden,
  • praktische Vermittlung eines iterativen Interaktionsstils, da dieser durch die gelebte Erfahrung leicht zugänglich gemacht wird.

Für spätere Phasen einer Projekt-, Produkt- oder Forschungsentwicklung bietet besonders das Innovationsspiel MoonshotEDU wichtige Einsatzmöglichkeiten:

  • Prüfung von Ideen im Entwicklungsprozess
  • Schnelles Generieren von Feedback zur Verbesserung des Prototyps
  • Förderung konvergenten Denkens
  • Testen von Vorurteilen, blinden Flecken und potenziellen Schattenseiten einer Projektidee
  • Antizipieren und Entwickeln von Strategien für potenzielle Herausforderungen
  • iteratives Arbeiten, positive Fehlerkultur

Außerdem ermöglicht es, das von den Teilnehmenden eingebrachte Feedback produktiv zu nutzen, da eine Trennung von prozess-/produkt- und menschenzentriertem Feedback vorgenommen wird.

Der Einsatz von Spielen kann inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit fördern

Der Test beider Spiele in dem vorgestellten Rahmen verdeutlicht, dass das spielerische (und dennoch ernsthafte) Setting ein großartiger (und sicherer) Türöffner ist. Solche Spiele eignen sich insbesondere für eine effiziente Einführung in die Arbeit in vielfältigen Teams. Es zeigt, dass eine produktive Zusammenarbeit auf der Grundlage einer rollenbasierten Organisation (anstelle einer hierarchiebasierten Entscheidungsfindung) erreicht werden kann und dabei schnell Grundlagen für eine gemeinsame Sprache und Herangehensweise generiert werden können.

Definition Moonshot

Das Spiel Moonshot macht den Innovationsprozess spielerisch erfahrbar. Die Spieler:innen treten mit ihren Ideen gegeneinander an und transformieren sie fortwährend anhand von unterschiedlichen Kreativitätstechniken. Das erfordert assoziatives Denken, eine hohe Revisionskompetenz und die Bereitschaft, sich ständig auf wechselnde Rahmenbedingungen einzulassen. Ziel von Moonshot ist es nicht, marktreife Produkte zu produzieren, sondern Metakompetenzen zu vermitteln, die für schöpferische Prozesse in komplexen Zeiten unabdingbar sind. [Quelle: Till Hasbach; https://moonshot.game]

Referenzen

Hartt, M., Hosseini, H. & Mostafapour, M. (2020). Game On: Exploring the Effectiveness of Game-based Learning. Planning Practice & Research, 35 (5), S. 589-604. DOI: 10.1080/02697459.2020.1778859.

Kelley, T. & Littmann, J. (2016): The Art of Innovation: Lessons in Creativity from IDEO, America’s Leading Design Firm. London: Profile Books.

Lateef, F. (2020): Maximizing Learning and Creativity: Understanding Psychological Safety in Simulation-Based Learning. Journal of Emergencies, Trauma and Shock, 13 (1), S. 5-14.

Russ, S. W. & Doernberg, E. A. (2019). Play and creativity. In Kaufman, J. C. & Sternberg, R. J. (Hrsg.). The Cambridge Handbook of Creativity. 2. Auflage. Cambridge University Press, S. 607-622.https://doi.org/10.1017/9781316979839.030.

Schmitt, Goldmann, Simon & Bieber (2023). Conception and Interpretation of Interdisciplinarity in Research Practice: Findings from Group Discussions in the Emerging Field of Digital Transformation. Minerva. https://doi.org/10.1007/s11024-023-09489-w

Tomoff, M. (2017). Unterstützung in der Schule: Fragen, Fehlerkultur und Fatales. In Tomoff, M. (Hrsg.). Positive Psychologie in der Erziehung. Wiesbaden: Springer, S. 33-40.