Forschungsprogramm: Digitale demokratische Innovationen

Mit seinem Team wird Prof. Christoph Bieber erforschen, wie sich die Demokratie in einer digitalen Gesellschaft verändert und wie man sie durch Digitalisierung fördern kann. Die empirischen Schwerpunkte im Programm liegen dabei auf der Entwicklung und dem Einsatz von Online-Abstimmungen und -Wahlen. In einem zweiten empirischen Themenfeld befassen sich die Forscher:innen mit den politischen und sozialen Effekten von Smart-City-Projekten.

In zwei interdisziplinären Arbeitsgruppen wird in agilen, flexiblen Teamkonstellationen das Programm entwickelt und mit innovativen Werkzeugen umgesetzt. Das Programm verpflichtet sich einem offenen Wissenschaftsverständnis und wird im Sinne einer anwendungsbezogenen Forschung mithilfe eines Reallabors zur Entwicklung gemeinwohlorientierter Innovationen beitragen.
„Wir sehen derzeit, dass digitale Instrumente Menschen eine Stimme geben können, die sonst nicht gehört werden. Trotzdem bleiben die Anliegen vieler Menschen in modernen Aushandlungsprozessen außen vor, weil es an Zugängen oder Kompetenzen mangelt. Unter welchen Bedingungen digitale Innovationen das Gemeinwohl in demokratischen Prozessen stärken können, das ist unser Fokus.“
Prof. Christoph Bieber
Leiter des Forschungsprogramms
„Digitale demokratische Innovationen“
Wie verändern sich politische Entscheidungsfindung und gesellschaftliche Teilhabe unter den Bedingungen der Digitalisierung?
In der Corona-Pandemie hat der Einfluss technologischer Möglichkeiten auf gesellschaftliche Aushandlungsprozesse einen erneuten Schub erhalten. Kontaktverbote haben politische Versammlungen wie Parteitage und Protestkundgebungen erschwert oder vollständig in digitale Räume verlagert, die Vorbereitung von Entscheidungen fand häufig per Videokonferenz statt und auch die Beschlussfassung wurde mit digitalen Werkzeugen umgesetzt. Diese Entwicklungen sind nicht neu: Teilhabe am politischen Prozess und die Herstellung verbindlicher Entscheidungen verändern sich mit den dafür zur Verfügung stehenden Technologien.
Datenorientierter Staat und digitale Zivilgesellschaft
Der konkrete Ausgangspunkt für die Ausarbeitung des Forschungsprogramms ist ein dynamisches Wechselverhältnis: Unter den Bedingungen der Digitalisierung formiert sich ein zunehmend datenorientierter Staat, der neue Aktivitäten und Routinen ausbildet. Ihm gegenüber steht eine digitale Zivilgesellschaft, die ihrerseits bürgerzentrierte Technikentwicklung und deren Nutzung vorantreibt, um Selbstbestimmung und Teilhabe für eine souveräne Netzbürgerschaft zu sichern. Dieses Spannungsfeld wird durch eine digitale – teils öffentliche, teils private – Infrastruktur verbunden, in der sich eine Vielzahl von Medien- und Marktakteuren in fragmentierten, vernetzten Öffentlichkeiten begegnen. Dabei wird die stets ambivalente Kontur einer digitalen Innovationslandschaft sichtbar, die ein breites Spektrum von Untersuchungsfeldern umfasst: Zentralisierte Datenbestände in staatlicher Hand bieten die Chance für eine vorausschauende Daseinsvorsorge, bergen aber auch die Gefahr von Missbrauch und Manipulation. Digitale Plattformen bringen bislang nicht öffentlich vernehmbare Positionen zum Ausdruck, können aber auch eine gesellschaftliche Polarisierung fördern. Eine „Smart City“ eröffnet neue Optionen für städtisches Leben und intelligente Mobilität, kann aber immer auch als Überwachungsapparat verstanden werden. Und: Vielen Menschen bleibt eine Teilhabe an solch modernen Aushandlungsprozessen versagt, weil ihnen Zugänge, Medienkenntnis und -kompetenz fehlen. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen des Forschungsprogramms demokratische Innovationen untersucht, die durch die Nutzung von Daten, Algorithmen und digitalen Praktiken entstehen.
Wandel der Politik, gemeinwohlorientierte Technologie und digitale Ethik
Die Auseinandersetzung mit dieser Frage gelingt durch eine Ausrichtung auf mehrere Ziele:
Erstens soll eine genauere Kenntnis über die Wirkung digitaler Entscheidungen auf politische Organisationen und Prozesse erlangt werden. Damit verbunden ist ein theoretischer Beitrag zu den Formveränderungen demokratisch-repräsentativer Politik in der digitalen Konstellation.
Zweitens gilt es, Räume und Werkzeuge zu identifizieren, die Potenziale für neue Formen digitaler Teilhabe und gemeinwohlorientierte Technologienutzung entfalten.
Drittens kann so die Dynamik zwischen datenreichem Staat und digitaler Zivilgesellschaft erfasst werden – eine normative Perspektive formuliert dabei Überlegungen zur Politik der datenorientierten Gesellschaft im Sinne einer digitalen Ethik.
Forschungsfrage
Wie verändern sich politische Entscheidungsfindung und gesellschaftliche Teilhabe unter den Bedingungen der Digitalisierung?
Aktuelles
„Failed yet successful: Learning from discontinued civic tech initiatives“
Im Rahmen der CHI23-Konferenz beteiligen sich Mennatullah Hendawy und Christoph Bieber an der Durchführung eines Workshops. Eine Anfrage zur Mitarbeit kam aus dem Berliner Weizenbaum-Institut....
„Einführung in die Ethik. Grundmodelle der Ethik“
Im Rahmen des Seminars „Transparenz, Ethik und Öffentlichkeit in der (digitalen) Demokratie“, geleitet von Anne Goldmann an der Uni Duisburg/Essen, gestaltet Jana Baum am 14.12.2022...
„Ryle on voluntary actions“
Vom 3. bis 5.11.2022 fand die Konferenz „The End of Autonomy?“ an der Bratislava International School of Liberal Arts (BISLA) statt. Hierbei hielt Jana Baum...
Entfällt leider: „Ist das eine alte Hand?“ – Digitales Entscheiden und Online-Parteitage
Der Vortrag von Dr. Christoph Bieber an der Ev. Stadtakademie Bochum am 13.12.2022 muss leider entfallen. Vortragsinhalt: Die Corona-Pandemie hat bei den politischen Parteien einen...
„Digitalisierungspolitik“
WDR 3 Forum ist die maßgebliche Plattform für aktuelle kultur- und gesellschaftspolitische Fragen. Seien Sie live dabei, wenn kontroverse Meinungen aufeinander treffen. Mit ihren unterschiedlichen...
“Deutschland ein Jahr nach der Bundestagswahl”
In dieser interdisziplinären Veranstaltung befassen sich deutsche und internationale Journalist:innen und Wissenschaftler:innen mit der populistischen Beeinflussung von demokratischen Prozessen: sei es durch verschiedene Formen gezielter...
“Beben im System: die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks”
Bessere Kontrolle und mehr Transparenz: Nach den Enthüllungen beim rbb steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk massiv in der Kritik. Rufe nach einer Reform der Kontrollstruktur werden...
“The Role of AI in the Electoral Process”
Ein Kurzvortrag (“Intervention”) zur Rolle von KI-Systemen im Wahlprozess. Zentrale Fragen/Thesen: Die Modernisierung von Wahlen mit Computertechnologie ist schon schwierig genug (vgl. Brasilien, USA oder...
Journal-Beitrag „KI-Politik in Deutschland“
Ein neuer Peer Review Artikel wurde im dms Special Issue zum Thema “Policy Change and Stability” mit dem Titel: „Technologischer Wandel trifft Politikfeldwandel: KI-Politik als...
Themenwoche „I’m a Scientist“
Zur Themenwoche von „I’m a Scientist. Get me out of here.“ stellt sich Anne Goldmann vom 14. bis 25.11.2022 den Fragen von Schülern zum Thema...
Co-kreative Forschungspraxis am CAIS
Am 23.09.2022 findet die Tagung: Exploring Socio-Technical Research – A Multi-Method Transdisciplinary Workshop an der TU Dresden statt. Hierfür nehmen Samuel Simon, Josephine Schmitt und...
KI-Governance: Zur politischen Gestaltung einer digitalen Technologie
Am 05.10.2022 findet in Köln ein Vortrag zur KI-Governance von unserem Forschungsprogramm „Digitale demokratische Innovationen“ mit dem Titel „KI-Governance: Zur politischen Gestaltung einer digitalen Technologie“...
Ursula von der Leyens dritte Rede zur Lage der Europäischen Union
In einem Blog-Beitrag vom 14.09.2022 wurde die dritte State of the European Union Rede der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von verschiedenen Wissenschaftler:innen analysiert und...
Digitale Öffentlichkeit und liberale Demokratie – eine herausfordernde Beziehung
Am 05.09.2022 fand der Vortrag: „Digitale Öffentlichkeit und liberale Demokratie – eine herausfordernde Beziehung“ von Anne Goldmann an der Europäischen Akademie Mecklenburg-Vorpommern via Zoom statt....
„Die Stunde der Konsultative? Vortrag zum Dreiecksverhältnis von Wissenschaft, Beratung und Politik in der Corona-Pandemie“
Programmleiter Christoph Bieber hat am 15. Oktober 2021 die Keynote zur Tagung “Die Besserwisser-Gesellschaft?” an der Akademie für politische Bildung gehalten.
Die Macht der Tech-Konzerne in den USA und Europa
Im Rahmen seines kommenden Thomas-Mann-Fellowships (7/2022-9/2022) hat Christoph Bieber am 21. Oktober an einer 90 minütigen Online-Diskussionsrunde der Los Angeles Review of Books (LARB) teilgenommen.
Kurzinterview für den Newsletter Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI
In einem Kurzinterview für den Newsletter Tagesspiegel Background – Digitalisierung & KI vom 09.11.2021 beantwortet Christoph Bieber Fragen zur Nominierung von Lars Klingbeil und Saskia...
„Wissenschaft und Forschung im digitalen Zeitalter“
Was bedeutet es konkret, eine Gesellschaft zu digitalisieren? Ist es in Deutschland beispielsweise denkbar, eine digitale Briefwahl abzuhalten? Was für Vor- und Nachteile bietet solch...
„Warum Geisteswissenschaftler die KI-Forschung besser machen“
Was haben Geisteswissenschaftler mit KI und Informatik zu tun? Im besten Fall eine ganze Menge.
„Digital, divers, dynamisch. Perspektiven der Parteiendemokratie.“
Unter dem Titel „Digital, divers, dynamisch. Perspektiven der Parteiendemokratie.“ wurde ein Aufsatz mit Christoph Bieber und Isabelle Borucki aus der CAIS Programmkommission veröffentlicht.
„Die Medien und die Nachhaltigkeitsrevolution“
Christoph Bieber nimmt am 18.03.2022 am Fach-Workshop „Die Medien und die Nachhaltigkeitsrevolution“ teil.
„Wait, did I do that? Effects of previous decisions on moral decision-making“
Für den Artikel wurden mehrere Studien mit moralischen Dilemmata durchgeführt und dabei untersucht, welchen Einfluss vorangegangene Entscheidungen (innerhalb eines narrativen Kontexts) Einfluss auf moralische Entscheidungen...
„Subjektivität und Digitalität“
Am 22. April startete das Seminar „Subjektivität und Digitalität“ von Jana Baum an der Universität Leipzig.
Die geplante Übernahme von Twitter durch Elon Musk
Im Radio-Interview mit dem Deutschlandfunk am 26.04.2022 spricht Christoph Bieber über die geplante Übernahme von Twitter durch Elon Musk.
„Regieren der Berliner Ampel in Vielfachkrisen“
Zum Thema Regieren in Vielfachkrisen findet am 2. Mai von 12-13 Uhr das Online-Panel „Regieren der Berliner Ampel in Vielfachkrisen“ via Zoom statt.
„KI_Governance im Mehrebenensystem“
Im Rahmen der Ringvorlesung „Künstliche Intelligenz – Antagonismen in der Digitalen Revolution” hält Christoph Bieber am 13.05.2022 um 16 Uhr einen Vortrag an der Hochschule...
„The Placeless Parliament“
Unter dem Titel „The Placeless Parliament“ ist am 12.05.2022 ein Blog-Beitrag von Christoph Bieber in der englischsprachigen Reihe “Parliaments in Wartime” erschienen.
Auftakt des ersten Forschungsprogramms am CAIS
„Digitale Demokratische Innovationen“ lautet der Titel des ersten Forschungsprogramms, das im Oktober am Center for Advanced Internet Studies (CAIS) in Bochum startet. Prof. Dr. Christoph...
Forschungsprogramm »Digitale demokratische Innovation« startet im Oktober
Prof. Dr. Christoph Bieber leitet das Programm für die nächsten fünf Jahre am CAIS und wird in dieser Zeit von der Universität Duisburg-Essen freigestellt. Mit...
Das Team







